Aus Briefen ehemaliger Belvederer
Über Belvedere vor der Sanierung, Internatserlebnisse und einen vorzeitigen Abschied (31.12.2008)
Schloss Belvedere, heute schick saniert, war in grauer Vorzeit (und als es noch nicht so schick saniert war) meine zweite Heimat. Anfang der Neunziger gab's dort noch qualmende Ofenheizung, herabfallenden Putz, knarrende Treppenhäuser und jede Menge Touristen, die das alles sehr romantisch fanden. Wir waren damals anderer Meinung. Schließlich mussten wir ja die Kohlen schleppen und nicht sie. […] Und von der morgendlichen Eiseskälte in den Zimmern und im Waschraum rede ich erst gar nicht.
Nun? Es war einfach wunderbar. Der riesige Park, das Gefiedel aus den im Sommer geöffneten Fenstern, die typischen Internatserlebnisse – gegen nichts sind diese Erinnerungen einzutauschen. Heimliche Schlitten- und Rutschpartien im Winter [...], kleine Konzerte im Park für die Touristen, die dafür ordentlich Kleingeld springen ließen [...]. In angenehmer Erinnerung ist mir auch die Tatsache, dass ein gewisser Mathematiklehrer mit Ritter Sport bestechlich war und begeisternd Gruselgeschichten erzählen konnte. […]
Heute finde ich Belvedere in seinem neuen Glanz immer noch hinreißend. Aber damals war's trotzdem am allerbesten.
Ganz so „allerbest“ ging es bei mir zwar nicht zu – zumindest, was die Erfolge der musikalischen Ausbildung betrifft. Es ist nun mal nicht jeder zum Künstler geboren. Und so hieß es bei mir vorzeitig „Koffer packen“. Heiße Tränen sind damals geflossen – war doch Belvedere mit seiner Gemeinschaft für mich zum Lebensinhalt geworden. Im Rückblick war der Abschied von Belvedere zwar sehr schmerzlich, aber unvermeidlich und auch richtig. Heute bin ich begeisterte Hobby-Musikerin, die sich gerne in Kammermusikgruppen, in Bands und in Chören etabliert. […]
Beruflich bin ich nach dem Abitur, einem Freiwilligen Sozialen Jahr und einem Studium seit mehreren Jahren für eine Menschenrechts- und Hilfsorganisation tätig. Diese Arbeit ist spannend, erfüllend und teilweise außergewöhnlich. Die Musik und meine auch sonst sehr ausgeprägten kreativen Talente begleiten mich weiter, und […] so kann eigentlich gar nichts mehr schief gehen.
Ich wünsche allen Belvederern einen erfüllenden Lebensweg, wo auch immer er hinführt.
Dorit Töpler (geb. Müller, Belvederer Internatsschülerin von 1990 bis 1993)
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